Middle Art


Augustin Okoye hatte ein kleines Atelier für Schildermalerei in einer Stadt im Südwesten Nigerias. Dort entdeckte ihn Ulli Beier, der sich für die fantasievollen und farbenfrohen Holzschilder begeisterte. Okoye gab sich den Namen Middle Art als Künstlernamen. Im Iwalewahaus befinden sich einige Werke von ihm. Sie erzählen von Persönlichkeiten und alltäglichen Ereignissen. Einige Bilder berichten auch von den schrecklichen Kriegserlebnissen, die Augustin Okoye als Soldat durchmachen musste. 

Auf dem Gemälde begegnen wir einem erfolgreichen Geschäftsmann und Politiker. Er steht dem Betrachter in einem Nadelstreifenanzug gegenüber, sein weißes Hemd ist zugeknöpft und mit einem akkuraten Krawattenknoten versehen. Ein Taschentuch in der linken Brusttasche des Jacketts, die linke Hand lässig in der Hosentasche, die erhobene rechte Hand scheint sich auf den linken Bilderrahmen zu stützen. Herr Nwobodo ist ein Mann Anfang 40 und hat es geschafft. Die Geste, die er mit seiner rechten Hand macht, soll das unterstreichen: Der Daumen zeigt nach oben, die anderen Finger sind geschlossen. OK, ich habe alles unter Kontrolle - das ist es, was uns dieses Bild vermitteln soll. 

Herr Nwobodo steht uns gegenüber. Sein professionelles Lächeln richtet er mit seinen Augen auf ein imaginäres Gegenüber rechts vom Betrachter. Das Porträt von hochrangigen Politikern ist eine der ältesten traditionellen Darstellungsformen in der bildenden Kunst. Im Herrscherbild können unterschiedliche Eigenschften hervorgehoben werden. Macht, Überlegenheit, Stärke, Gestaltungswille, Unnachgiebigkeit, Reichtum, Göttlichkeit - für all das wurden Bildformeln entwickelt. Der hochgereckte Daumen ist eine recht neue Entwicklung. Einige der heutigen Politiker machen von dieser Geste ausgiebig Gebrauch. 

Jim Nwobodo hatte allen Grund, optimistisch zu sein, als das Bild gemalt wurde. Mit gerade einmal 40 Jahren kann er auf eine Karriere voller Reichtümer und politischen Ruhms zurückblicken. Als Gouverneur des Bundesstaates Anambra hatte er sein Amt vier Jahre lang inne. Ein Militärputsch im Jahr 1983 bedeutete auch das vorläufige Ende von Nwobodos Aufstieg mit dramatischen Folgen. Er blieb jedoch in der Politik und bewarb sich unter anderem 2003 vergeblich als Präsidentschaftskandidat in Nigeria.